Bisherige Fruchtfolge

Im ökologischen Landbau steht der Klee am Anfang jeder Fruchtfolge, da er mehrere entscheidende Vorteile in sich vereint:

  • Schnelles Pflanzenwachstum ohne zusätzlichen Dünger, da er mit den Knöllchenbakterien in Symbiose steht und so in der Lage ist den Luftstickstoff zu binden. Der organisch gebundene Stickstoff befindet sich in der Grünmasse und in den Wurzeln.
  • Hohes Regenerationspotential erlaubt das mehrmalige Abmähen der Pflanze
  • Frosttoleranz ermöglicht den mehrjährigen Anbau  

-> Somit wird die Bodenfruchtbarkeit erhöht und das Unkraut unterdrückt, da das Unkraut mit dem Kleewachstum über den mehrjährigen Anbau nicht mithalten kann.


In unser bisherigen Fruchtfolge bauen wir für zwei Jahre eine Mischung aus Klee und Gras an, das die Futtergrundlage für unsere Mastrinder darstellt. Im Frühling wird der erste Schnitt als Silage für den Winter eingelagert. Der übrige Aufwuchs wird dann in den Sommermonaten nach und nach abgemäht und im Rinderstall verfüttert. Durch das versetzte Mähen bleibt dann immer ein gewisser Bestand als Rückzugsfläche für Wild, Vögel und Insekten vorhanden. Der von den Rindern entstehende Mist wird anschließend auf die vier Getreidesorten Dinkel, Hafer, Emmer/Einkorn und Sonnenblume als Dünger ausgebracht. Jede dieser Getreidesorten spiegelt ein Jahr in der Fruchtfolge wieder und kann auch durch weitere Sorten erweitert werden. Um die Bodenfruchtbarkeit in der Fruchtfolge aufrecht zu erhalten werden legominosenfreie Zwischenfrüchte nach den Wintergetreidesorten angebaut, deren Aufwuchs auf dem Acker verbleibt. Denkbar wäre auch Ackerbohnen, Körnermais oder Katoffeln in die Getreidelastige Fruchtfolge zu integrieren, aber für unseren Standort sind diese Pflanzen weniger gut geeignet. Der Anbau von Mais für Silage wäre dagegen eine Möglichkeit, die Übertragung möglicher phatogener Getreidekrankheiten zu unterbinden. Da aber wenig Dünger zur Verfügung steht und sich unser Hof sich an einem Grenzertragsstandort befindet wird er nicht angebaut.


In unserem Fall kann der Kleegrasaufwuchs als Grünfutter für die Mastrinder verwertet werden, solange er noch im richtigen Moment abgemäht wird. Zu hoch gewachsenes Kleegras ist für die Rinder nicht mehr schmackhaft und wird verweigert. Zwar gibt es mehrere Alternativen, wie:

  • Verkauf an Biogasanlagen bzw. als Kleegrasheu
  • einsilieren und als Dünger ausbringen
  • als Frischmasse mit dem Miststreuer auf ein Empfängerfeld ausbringen (Cut & Carry)
  • Mulchen

Bei den eben genanneten Punkten steht entweder das Kleegras nicht mehr als Dünger in der Fruchtfolge zur Verfügung oder es ist mit erheblichen Kosten und Zeitaufwand verbunden. Das Mulchen hinterlässt eine dichte Mulchschicht au dem Acker evtl. zu Faulen beginnen kann.

Der nachfolgende Anbauplan soll eine Alternative zeigen, wie der überschüssige Kleegraufwuchs kostensparend verwerten kann und gleichzeitig der Naturschutz auf den Ackerflächen gefördert wird.


 

Ackerbausystem Wandernde Wiese®

Die grundlegende Fruchtfolge wird im Ackerbauystem Wandernde Wiese® weitgehend beibehalten. Der Unterschied liegt darin, dass das Kleegras nicht über zwei Jahre auf den kompletten Acker angebaut wird, sondern in Form von Streifen eingeplant wird. Für diese Streifen sind Kleegras, Luernegras, Wieseneinsaat... denkbar. In unserem Beispiel werden die Streifen als 4-jährige Wiesenstreifen eingesäht und daneben bleiben zwei gleich breite Ackerstreifen erhalten. Jeder der hier gezeigten Wiesenstreifen ist 18 Meter breit und die Ackerstreifen sind 36 Meter breit. Das Verhältnis zwischen Wiesen- und Ackerstreifen liegt somit bei 1:2. Nach den ersten vier Jahren wird der Wiesenstreifen umgebrochen und an direkt benachbarter Stelle neu eingesät. So beginnt auch die Fruchtfolge für das Getreide von Neuem. Die Anbaupause für den Wiesenstreifen betragen demnach acht Jahre. Die Fruchtfolge wird durch Winterharte bzw. nicht Winterharte Zwischenfrüchte aufgelockert. Der schematische Ablauf ist im ersten Bild dargestellt und im zweiten Bild ist die Fruchtreihenfolge mit eingetragen.

Für unsere Fruchtreihenfolge verzichten wir auf den Anbau von Gerste und Weizen, da diese zu nah mit den Wintergereidesorten verwandt ist und die Gefahr von pathogenen Krankheiten zu hoch ist. Die Fruchtfolge kann auch mit weiteren Komponenten, wie Silomais, Durum, Hanf, Amarant, Hirse... erweitert werden, siehe beispielhaft das dritte Bild.

Prinzipell sind auch andere Wiesenstreifenbreiten (z.B. 3, 6, 9, 12, 15, 21... Meter), Verbleibdauer der Wiesenstreifen (1-5 Jahre) oder Verhältnis zwischen Wiesen- und Getreidestreifen (1:1, 1:3, 1:4...) denkbar. In dem vierten Bild ist ein Beispiel mit dreijährigem Kleegras bzw. Luzernegras dargestellt. 

  • Anabuplan
  • Fruchtfolge Wandernde Wiese 4
  • Fruchtfolge Wandernde Wiese 5


Der Wiesenumbruch bzw. Wieseneinsaat kann auch jährlich im Randbereich durchgeführt werden (schleichender Wanderungsprozess im linken Bild) oder die Wieseneinsaat hat einen gewissen Abstand zu den bestehenden Wiesenstreifen (siehe rechtes Bild), was bei Drahtwurmbefall sinnvoll sein kein.

  • Fruchtfolge Wandernde Wiese 2
  • Fruchtfolge Wandernde Wiese 3


Die Wiesenstreifen übernehmen viele wertvolle Funktionen. So trägt der mehrjährigen Wiesenbewuchs zum Humusaufbau bei und den Lebewesen steht durch das absetzige Mähen immer ein Nahrungs- und Rückzugsgebiet in unmittelbarer Nähe zur Verfügung. In unserem Beispiel werden die Wiesensreifen nur im Frühjahr und nach der Getreideernte abgemäht. So könnte auch ein überbetrieblicher Biotopverbund mehrerer Äcker entstehen. Um die Biodiversität weiter zu fördern, werden die Wiesenstreifen mit artenreichem Saatgut eingesät, das auch aus den FFH Wiesen aus unserem Betrieb gewonnen wird. Denkbar wäre auch das Mähwerk mit Hochschnittkuven auszustatten, um den Artenschutz zu fördern.

Der Anbau von Wiesenstreifen ermöglicht zudem die Anwendung neuer Verfahren, die unter dem Begriff: Solid Carbon Pathway zusammengefasst werden. So kann der überschüssige Wiesenaufwuchs z.B. direkt mit einem Feldhäcksler in die benachbarten Ackerstreifen verteilt werden, siehe "Transfermulch". Um die Nährstoffe aus dieser Gründüngung für die jeweiligen Kulturpflanze zu mobilisieren, wurde ein "Bioreaktor" entwickelt um darin das "Aerobe Wurzelimrkobiom" zu vermehren. Das "indirekte Düngen" und die "mobile Gülleverschlauchung" werden hier erstmals theoretisch beschrieben.


Versuchsfläche 2022:

Aus den Erkenntissen der vergangenen 6 Jahre werden im Herbst 2021 die ersten 4 Hektar Ackerflächen auf das System Wandernde Wiese® umgestellt. Dazu wird ein mit GPS ausgerüsteter Traktor ausgeliehen und die Wiesenstreifen parallel zueinander eingesät. Die Ackerstreifen werden später mit Einkorn bestellt. Der Aufwuchs der Hofentfernten Wiesenstreifen wird nach der Mahd mit dem Feldhäcksler auf die Getreidestreifen befördert.

Um eine Aussage über die Bodenverbesserung treffen zu können, wurden vor der Wiesenstreifensaat Bodenproben aus den sieben Streifen und einem Vergleichsacker entnommen und analysiert, siehe rote Linien. Der erste, vierte und siebte Streifen wird mit einer mehrjährigen Wiesenmischung eingesät. Der zweite, dritte, fünfte und sechste Streifen wird im Herbst 2021 mit Einkorn eingesät. Der Vergleichsacker wird mit der gleichen Wiesenmischung eingesät aber wie üblich bereits nach 2 Jahren umgebrochen. Nach dem ersten Wiesenumbruch in vier Jahren werden von den selben Stellen erneut Bodenproben entnommen und mit dem Startwert verglichen.




Vorteile:

  • Der Wiesenaufwuchs kann immer noch an Nutztiere verfüttert werden
  • Alle Nährstoffe bleiben in dem Betriebskreislauf erhalten
  • Mehrjährige Wiese bildet dichtes und tiefes Wurzelwerk aus, was zum Humusausfbau beiträgt und dieser nach dem Umbruch für die Folgekulturen zur Verfügung steht
  • Mehrjähriger Anbau reduziert den Aufwand für Wieseneinsaat, Saatgutkosten und Aufwand für Umbruch
  • Erosionsmindernde Wirkung der Wiesenstreifen im Acker, Keyline Design möglich
  • Kleinparzelliger Anbauplan der Flächen bietet für Wild und Insekten kurze Wegstrecken zwischen Getreide- und Wiesenstreifen auf den immer größer werdenden Äckern
  • Absätzige Bearbeitung von Wiesen- und Ackerstreifen bietet stetige Rückzugsmöglichkeiten und Lebensgrundlage für Lebewesen wie Wild, Vögel und Insekten
  • Hochschnitt als Naturschutzmaßnahme möglich (Schnittzeitpunkt nach Blütenbildung aber vor Samenreife; 2 Schnitte pro Jahr)
  • Keine zusätzlichen Investitionskosten wie bei Agroforstsystemen erforderlich
  • Ackerstatus bleibt erhalten
  • Der alternierende Streifenanbauplan bildet automatisch Jagdschneisen
  • Direkte Übertragung von überschüssigem Wiesenaufwuchs auf die Ackerstreifen möglich. Dabei fallen für den Transfermulch keine Transportwege an und die schweren Maschinen befinden sich ausschließlich auf tragfähigen Wiesenstreifen bzw. die Ackerstreifen müssen nicht befahren werden.
  • Der Transfermulch vermehrt das Bodenleben im Ackerstreifen (Mikroorganismen wie Bakterien und Pilze oder mehrzellige Lebewesen wie den Regenwurm) --> Ziel ist eine biologische Bodenbearbeitung zu etablieren, die die Bodengare ganzjährig aufrecht erhält
  • Keine Zwischenlagerung wie beim Einsilieren von überschüssigem Aufwuchs nötig
  • Durch das Abtragen des Aufwuchses bleibt die Stickstoffassimilation in den Wiesenstreifen bei voller Leistung (Beim Mulchen wird die Leistung durch Eigendüngung reduziert)
  • Indirektes Düngen möglich (z.B. frischen Festmist auf Wiesenstreifen aufbringen und den gedüngten Aufwuchs auf die Ackerstreifen übertragen; somit kann eine Kompostierung umgangen werden und die Pflanzensamen aus den Festmist gelangen z.B nicht ins Getreidefeld)
  • Gehäckseltes Pflanzenmaterial hält Getreideboden bedeckt und vermindert Hitzestress und Austrocknung
  • Die "mobile Gülleverschlauchung" wird durch die vielzahl an tragfähigen Wiesenstreifen ermöglicht, und Verdichtungen im Ackerstreifen werden auf ein Minimum reduziert, da die schweren Maschinen ausschließlich auf den tragfähigeren Wiesenstzreifen fahren. Weiterhin können nun Seitenmiststreuern eingesetzt werden, um Kompost auf die Getreidestreifen auszubringen.


Nachteile:

  • Höherer Planungs- und Dokumentationssaufwand bei jedem Wiesenumbruch (hier alle vier Jahre)
  • Satellitennavigation (RTK) bei Säen sinnvoll aber nicht zwingend notwendig
  • Äcker brauchen eine Mindestlänge, damit die Streifen die Mindestfläche für die Förderung im gemeinsamen Antrag aufweisen
  • Höherer Schädlingsdruck durch z.B. Schnecken gegeben?
  • Höherer Unkrauttdruck stickstoffliebender Unkräuter?
  • Diagonale Bodenbearbeitung nur bei Wiesenstreifenumbruch durchführbar (hier alle vier Jahre)
  • Randeffekte erhöht (Beispielrechnung: Bei 36 m breiten Ackerstreifen und einem 50%igen Minderertrag im ersten Meter an den beiden Rändern im Ackerstreifen bedeuten 2,8% weniger Ertrag gegenüber dem Anbau ohne Randeffekte)
  • Anbau von Ackerbohnen und Raps in Reinsaat noch möglich?

 


Fazit:

Das Ackerbausystem Wandernde Wiese® erhöht den Naturschutz auf den Ackerflächen und nutzt ihn gleichzeitig, um den Ertrag zu steigern und die Bodenfruchtbarkeit nachhaltig zu erhöhen.



Ausblick:

Im Spätsommer/Herbst 2024 sollen weitere Flächen im System Wandernde Wiese umgestellt werden. Das Ziel ist den relativen Anteil von Acker- zu Wiesenstreifen von 2:1 auf 1:2 zu reduzieren. Dadurch verringern sich die Ackerstreifen auf 18 m Streifenbreite und die Wiesenstreifen haben insgesamt 36 m Streifenbreite. Vorteilhaft ist, dass die Wiesenstreifen in zwei verschiedenen Stadien befinden und bei einem Weiterwandern nie der komplette Acker brach liegt. Für den hohen Anteil der Wiesenstreifen im Acker steht mittlerweile auch eine weitere wirtschaftliche Nutzungsmöglichkeit zur Verfügung. Der biointensive Gemüseanbau auf Heuballen bietet eine Ideale Lösung wie der Aufwuchs der Wiesenstreifen genutzt werden kann und zum Aufbau von Dauerhumus beiträgt.