Seit dem 01.01.2023 wird das Ackerbaisystem Wandernde Wiese für zwei Jahre in einem eigenständigen Forschungeprojekt gefördert und gliedert sich in das Schwerpunktthema "Innovationen für ein Mehr an Nachhaltigkeit". In dem Forschungsprojekt soll die Praxistauglichkeit und die Wirksamkeit demonstriert werden. Weiterhin werden die einzelnen Arbeitspakete stetig weiterentwickelt.
Das Projekt wird gefördert im Rahmen der Europäischen Innovationspartnerschaft „Landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit“ (EIP-AGRI). Die Fördermaßnahme ist eine Maßnahme des Maßnahmen- und Entwicklungsplan Ländlicher Raum Baden-Württemberg 2014-2020 (MEPL III). Das Projekt wird durch das Land Baden-Württemberg und über den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) finanziert.“
Für das EIP-Agri Projekt wurde eine operationelle Gruppe und ein wissenschaftlicher Beirat gegründet. Die operationelle Gruppe plant und führt die Versuche eigenständig durch. Der wissenschaftliche Beirat wird in regelmäßigen Abstanden über den Projektverlauf informiert und kann Korrekturmaßnahmen fordern, falls diese notwendig wären. Somit wird die ladwirtschaftliche Praxis mit dem theoretischen Wissen aus der Forschung ergänzt.
Das folgende Video entstand im Rahmen der i2connect Summer School in Hohenheim https://i2connect-h2020.eu/de/ und wurde im FIBLFilm Kanal und im i2connect Kanal auf Youtube veröffentlicht:
Derzeit finden Gespräche statt inwieweit der Pflanzenbau auf Heuballen im Rahmen eines Anschlussprojekt umgesetzt werden kann. Die Methode funktioniert auch mit Heu aus Dauergrünland und kann somit einen Beitrag dazu leisten wie die Nährstoffe von dem Dauergrünland auf den Acker übertragen werden können.
Im weiteren Verlauf diesen Jahres werden Heuballen aus Wegrändern und Heulage aus Kleegras erprobt.
Weiterhin soll abgeschätzt werden wie hoch das Potential für den Humusaufbau ist. Denn durch den Sauerstoffmangel im Inneren es Quaderballens wird das Pflanzenmaterial über die Zeit in eine schwarze Substanz umgewandelt. Grundsätzlich könnten auf diese Weise auch CO2 Zertifikate generieren werden.
Anstatt sofort ausgebracht zu werden, kann die abgeschnittene Pflanzenmasse von den Feldfutterstreifen auch zu Quaderballen gepresst und zu einem späteren Zeitpunkt als Dünger auf den Ackerflächen ausgebracht werden. Das Pressen und die Zwischenlagerung führen jedoch zu einer Erhöhung der Produktionskosten. Um diese Mehrkosten auszugleichen werden die Quaderballen in Hochbeete umgewandelt und für die Herstellung hochwertiger Lebensmittel genutzt. Durch die Anordnung der Quaderballen in Reihen und die Verwendung von Ackerboden oder Kompost als oberstes Substrat kann das Prinzip des biointensiven Gemüseanbaus (engl. market gardening) umgesetzt werden. Ziel ist eine hohe Ertragsdichte auf kleiner Fläche und eine mehrfache Nutzung der Beete pro Jahr zu realisieren. Dabei wachsen die Jungpflanzen im Ackerboden bzw. Kompost heran und bilden über Zeit Wurzeln bis in den Quaderballens hinein. Das Bewässern lässt sich über Tropfschläuche vereinfachen, die über die kompletten Quaderballenreihen verlegt wurden. Dabei führen sowohl Gießwasser als auch Niederschläge zu einer kontinuierlichen Auswaschung leichtlöslicher Substanzen aus dem Quaderballen. Um zu verhindern, dass sich die im Sickerwasser enthaltenen Nährstoffe im Boden unterhalb der Quaderballen anreichern, werden die Quaderballen auf wasserundurchlässigen Untergründen platziert. Dadurch kann das Sickerwasser aufgefangen und in einen separaten Behälter abgeleitet werden. Diese gesammelten Nährstoffe können anschließend in den Bewässerungskreislauf für nährstoffarme Quaderballen, wie beispielsweise Stroh, zurückgeführt werden, um dort als Nährstoffquelle für das Wachstum neuer Pflanzen zu dienen.
Im Laufe der Zeit wandelt sich die Pflanzenmasse im Inneren des Quaderballens in eine bräunlich-schwarze Substanz um, die aufgrund ihres Aussehens und des charakteristischen Geruchs mit Humus bzw. Huminstoffen gleichgesetzt wird. Die Abbildung zeigt ein schematisches Modell, das den vermuteten Ablauf der chemischen Prozesse veranschaulicht. Das Ziel besteht darin, die durch Photosynthese gewonnenen Kohlenhydrate nicht wieder zu Kohlendioxid und Wasser abzubauen, sondern sie durch Eliminierungsreaktionen (Dehydrierung und Dehydratisierung) in stabilere Kohlenstoffverbindungen zu überführen. Dieser Reaktionsweg trägt zur Bildung reaktiver Doppelbindungen in den Molekülstrukturen bei, die wiederum durch Kettenwachstumsreaktionen zu hochmolekularen Endprodukten polymerisieren können. Alternativ können die Übergangszustände der Eliminierungsreaktionen auch unter Substitutionsreaktionen weiter reagieren und dabei Nährstoffe aus anderen Zellbestandteilen wie Proteinen, DNA, Phospholipiden, Kohlenhydraten und Vitaminen binden. Diese beiden chemischen Reaktionswege bilden somit die Grundlage für die Entstehung von Kompost, dessen lateinischer Name "compositum" bereits auf das Zusammenfügen verschiedener Substanzen hinweist.
Das Endprodukt dieser chemischen Reaktionen ist eine stabile, nährstoffreiche Verbindung, die sich ähnlich wie ein Farbstoff im Quaderballen anreichert. Die hochmolekulare Struktur und der hohe Anteil aromatischer Systeme in dieser Verbindung reduzieren das Risiko des Auswaschens. Gleichzeitig ermöglicht ihre gewisse Wasserlöslichkeit eine natürliche Verteilung in tiefere Bodenschichten, ohne dass eine mechanische Einarbeitung erforderlich ist. Dabei sind die Geruchsemissionen der austretenden Flüssigkeit und dem finalen Endprodukt im Quaderballen vernachlässigbar gering.
Der Pflanzenbau auf Quaderballen ist sowohl mit trockenem Heu als auch mit frisch gepresster Silage möglich. Die Herstellung von Silageballen ist in der Regel kostengünstiger, da auf eine aufwendige Trocknungsphase verzichtet werden kann. Allerdings führt die Heuherstellung dazu, dass mehr Pflanzensamen auf den Wiesen verbleiben und somit langfristig zur Erhaltung der Pflanzenvielfalt beitragen. Um diesen Vorteil auch bei der Silageproduktion zu nutzen, wird die erste Mahd weit in den Sommer hinausgezögert. Dadurch haben die Pflanzen mehr Zeit, Samen auszubilden, die dann von selbst abfallen bevor die Pflanzen gemäht werden. Diese sogenannte Heulage kann einen wertvollen Beitrag leisten, indem sie die Vorteile von Heu und Silage vereint.
Der erste Heuballenversuch hat gezeigt, dass der daraus gewonnene Kompost eine nachhaltige und einfach herzustellende Alternative zu torfhaltigen Anzuchterden darstellt. Durch den nichtwendenden Prozess ist der Herstellungsaufwand besonders einfach. Zudem kommt der Kompost ganz ohne chemisch-synthetische oder tierische Dünger aus und bietet eine Möglichkeit für den veganen Pflanzenbau. In zukünftigen Untersuchungen so geklärt werden, ob sich diese Methode auch auf die Kompostierung kommunaler Bioabfälle und die Behandlung kommunaler Abwässer übertragen lässt. Ziel ist es auch hier, die Nährstoffe möglichst lange im Kreislauf zu halten, bis sie vollständig von den Pflanzen aufgenommen oder in Form von stabilen Huminstoffen gebunden werden. Anstelle von Lebensmitteln sollen auf diesen Quaderballen insektenfreundliche Pflanzen angebaut werden.
Der Pflanzenbau auf Quaderballen wurde unter dem Markennamen Heulandzack® zusammengefasst und bietet eine Möglichkeit wie Biomasse in neue Pflanzenmasse und Huminstoffe umgewandelt wird. 26.11.2024
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